Zum EM-Auftakt eine ehrenvolle 17:28-Niederlage gegen Titelverteidiger Georgien
Von Claus-Peter Bach
Die deutsche Nationalmannschaft ist mit einer Leistungsexplosion in die Europameisterschaft 2024 gestartet. Bei der 17:28 (10:14)-Niederlage vor 5300 Zuschauern in Dessau war der zwölfmalige Europameister Georgien nur in den Gassen der ersten Spielhälfte und in den angeordneten Gedrängen besser und konnte sich bei dem walisischen Referee Tom Spurrier für den Sieg bedanken, der vor zwei georgischen Versuchen klarste Vorpässe geflissentlich übersehen hat. „Ich bin sehr glücklich“, bekannte Nationaltrainer Mark Kuhlmann (Heilbronn), nachdem sein Team gegenüber dem letzten EM-Spiel gegen Georgien 2023 fünf Punkte mehr erzielt und 47 Gegenpunkte weniger kassiert hatte.
Die 17 Zähler der tadellos kämpfenden und aufmerksam verteidigenden deutschen Fünfzehn erzielten die beiden Neuenheimer Markus Bachhofer und Nikolai Klewinghaus mit Versuchen in der 22. und 66. Minute sowie die beiden Frankfurter Edoardo Stella (5 Punkte) und Raynor Parkinson (2) mit ihren Kicks. Bachhofer bestritt mit 35 Jahren sein erstes Länderspiel, der gleichaltrige Parkinson nach 13 Jahren im deutschen Trikot sein letztes. Georgien ging nach zehn Minuten mit einem vertretbaren Strafversuch mit 0:7 in Führung und zielte drei herausgespielte Versuche durch Ilia Spanderashvili (40.), Kapitän Merab Sharikaze (53.) in dessen 100. Länderspiel und Mirian Modebadze. Spielmacher Luka Matkava traf mit allen Erhöhungen.
Nach knapp sechs Minuten entfuhr Dimitri Yachvili, dem Ex-Nationalspieler und Kommentator von France 2, das große Lob: „Magnifique! Frankreichs Spielmacher Matthieu Jalibert hatte mit zwei Körpertäuschungen die Defensive des Titelverteidigers Irland durchbrochen, die Zuschauer im Vélodrome von Marseille waren entzückt. In den folgenden 75 Minuten des Auftaktspiels im Sechs-Nationen-Turnier der führenden europäischen Rugbyteams waren die Fans der „XV de France“ nur noch entsetzt.
Irland führte nach 16 Minuten mit 10:0, zur Halbzeit mit 17:10 und am Ende mit 38:17, war im Sturm hoch überlegen, buchte 5:2 Versuche und ließ die Vorjahreszweiten sprach- und ratlos zurück. Die Franzosen spielten ohne ihren großartigen Gedrängehalb Antoine Dupont, der sich entschieden hat, in diesem Jahr nur für Stade Toulousain und die Siebenerrugby-Nationalmannschaft bei Olympia in Paris anzutreten. Wer das Gemurkse seines Nachfolgers Maxime Lucu verfolgt hat, wird begreifen, warum die US Bègles-Bordeaux trotz guter Spieler und namhafter Trainer niemals französischer Meister werden kann. Duponts Genialität, auf dem ungewohnten Verbinderposten eingesetzt, wurde einmal mehr beim 46:26-Sieg von Toulouse über Bayonne deutlich.
Die Iren, deren Trainer Andy Farrell die British and Irish Lions 2025 nach Australien führen darf, verdienten sich den offensiven Bonuspunkt durch fünf Versuche, die von Jack Crowley (24/Munster), dem Nachfolger des Volkshelden Jonathan Sexton, allesamt erhöht wurden.
Nur die fünf Straftritte des George Ford (Sale Sharks) retteten England den hauchdünnen 27:24-Sieg in Italien, das im Angriff mit 3:2 Versuchen schlicht und einfach erfolgreicher war und beweglicher und flinker spielte als die sehr behäbigen Engländer.
Schottland führte im Principality Stadion von Cardiff bis zur 47. Minute mit 27:0, musste am Ende um seinen 27:26-Sieg aber heftig zittern. Wales, das seinen Spielmacher und Kicker Dan Biggar (34) an die Rentenversicherung und den Außensprinter Louis Rees-Zammit an die NFL verloren hat, wo der 22-Jährige für ein Anfangsgehalt von 750 000 US-Dollar in Miami spielen möchte, trauerte in der ersten Halbzeit auch zu lange um JPR Williams. Der weltbeste Schlussmann seiner Zeit, mit Wales Grand-Slam-Sieger 1971, 1976 und 1978, ist im Alter von 74 Jahren an einer Hirnhautentzündung gestorben. Am Ende verdiente sich Wales mit 4:3 Versuchen einen offensiven und durch die knappe Niederlage einen defensiven Bonuspunkt.
Deutschland: N. Klewinghaus (SCN) – Lammers (SCN), Rodwell (Frankfurt), L. Wolf (Frankfurt), Z. Hees (Heusenstamm, 52. C. McDonald/British Army) – Stella (Frankfurt, 54. Parkinson/Frankfurt), Paine (SCN, 50. M. McDonald/British Army) – Renc (TSV Handschuhsheim), Henn (Frankfurt, 65. Frauenfeld/Handschuhsheim), Marks (Vannes) – M. Himmer (Niort, 63. Maaser/Berliner RC), Rayan (Frankfurt) – Bachhofer (SCN, 46. Edene/Frankfurt), Tyumenev (Hyères, 50. Reintges/Heidelberger RK), Schröder (Kapitän, HRK, 56. D. Wolf/Frankfurt).