Der Aachener Rugbystürmer hat einen Stammplatz beim RC Vannes in der Top 14
Von Claus-Peter Bach
Nach dem 14. von 26 Spieltagen der französischen Rugby-Liga Top 14 liegt Aufsteiger RC Vannes zwar – erwartungsgemäß – nicht auf dem ersten, sondern mit 16 Punkten auf dem letzten Tabellenplatz, doch ist der „Stolz der Bretagne“ viel besser als es die Tabelle signalisieren könnte. Vannes hat schon drei Spiele gewonnen – mit 30:20 gegen Lyon, mit 34:28 gegen Castres und mit 23:14 in La Rochelle –, doch auch die beiden Spiele gegen die Pariser Klubs brachten Resultate, die aufhorchen ließen. Gegen Racing 92 gab es eine 24:27-Niederlage, bei Stade Français unterlag Vannes nur mit 31:34 Punkten. Der Verein des Heidelberger Milliardärs Dr. Hans-Peter Wild liegt nach 14 Runden auf dem 13. Rang und hat sieben Punkte Vorsprung vor dem Schlusslicht. Zum Reglement der Top 14: Der Letzte steigt direkt ab, der Vorletzte muss in die Relegation.
Im letzten Spiel vor 11.805 Zuschauern im eigenen Stade de la Rabine wäre der Mannschaft von Cheftrainer Jean-Noel Spitzer beinahe eine Sensation gelungen, denn der RC Vannes musste sich dem Tabellenvierten AS Clermont-Auvergne nur mit 19:20 Punkten geschlagen geben und hätte sogar gewinnen können, „wenn wir in der zweiten Halbzeit an der Gasse nicht drei Ballverluste gehabt und vielleicht einen Straftritt mehr zu den Stangen gesetzt hätten.“ Diese Selbstkritik übt der deutsche Nationalspieler Eric Marks, der nach anfänglichen Einwechslungen seit geraumer Zeit einen Platz in der Anfangsformation der Bretonen hat.
Eric Marks, 1,96 Meter groß und 116 Kilogramm schwer, spielt in der zweiten Sturmreihe. Er ist vor 28 Jahren im schleswig-holsteinischen Heide zur Welt gekommen und mit seinen Eltern im Alter von zwei Jahren nach Aachen gezogen. Beim RC Aachen erlernte er ab seinem elften Geburtstag das Rugbyspiel. 2016 wagte er den Sprung zu Stade Rochelais-Atlantique in die Top 14, seit 2019 spielt er beim RC Vannes, das 2024 in die Eliteklasse aufgestiegen ist. „Unser Ziel ist der direkte Klassenverbleib“, sagt Eric Marks, „und ich bin zuversichtlich, dass wir in den verbleibenden zwölf Spielen den Rückstand auf Stade Français noch aufholen werden. Sieben Punkte sind nichts!“
Die ganze Bretagne, die auf der französischen Rugby-Landkarte so wenig zu finden war wie das Elsass, drückt der Mannschaft von Jean-Noel Spitzer die Daumen. Der 50-Jährige ist in Morbihan im Finistère geboren und betreut die Mannschaft seit 21 Jahren – das ist vermutlich französischer Rekord. Spitzer, den Eric Marks als „charakterstark, ausgeglichen, strukturiert und mit klarer Vision“ beschreibt, führte den Verein aus dem Amateurlager in die Top 14 und ist im Vergleich zu seinem Kollegen Christophe Urios von Clermont-Ferrand ein sehr ruhiger und besonnener Mann. „Ich komme gut mit ihm aus, weil er ehrlich ist und immer sagt, was Sache ist“, bekennt Eric Marks, der sich mit seiner Reservistenrolle zu Saisonbeginn nicht zufriedengab, sondern dem Trainer genau zuhörte, hart an sich arbeitete und sich „physisch wie spielerisch“ deutlich steigerte: „Mein Motto ist: Weiter, immer weiter! Schließlich war es immer mein Ziel, in der Top 14 zu spielen.“ Diese Haltung blieb nicht unbemerkt.
„Wir sind die Repräsentanten der Bretagne“, weiß Eric Marks, der wie seine Teamkameraden von einem Dudelsack-Pfeifer, einen Flötisten und einem jungen Trommler mit der Musik der Region auf den Rasen begleitet wird. Seit dem Erstliga-Aufstieg erfreut sich der Verein einer großartigen Unterstützung durch die regionale Wirtschaft. „Obwohl der Aufstieg erst Ende Juni feststand, ist es unserem Management gelungen, das Vereinsbudget von zwölf und zwanzig Millionen Euro zu steigern, Das ist enorm und fand in der Mannschaft große Anerkennung“, erinnert sich der brünette Lockenkopf aus Deutschland an spannende Monate im Sommer 2024.
Der RC Vannes hat sich für seine schwere Aufgabe klug verstärkt und das frische Geld nicht verplempert. Zum Team des argentinischen Nationalflankers und Kapitäns Francisco Gorrissen (30) stießen als Nummer acht der 36-jährige Sione Kalamafoni (Tonga & Auckland), der aus Wellington stammende 58-fache englische Nationalpfeiler Mako Vunipola (33), der auch mit sechs Berufungen der British and Irish Lions geehrt wurde, sowie die beiden neuseeländischen All Backs Salesi Rayasi (28/Außendreiviertel) und Francis Saili (33/Innendreiviertel). Die Fünfzehn verfügt mit Michael Ruru und Maxime Lafage über ein exzellentes Halbpaar; man ging jedoch auf Nummer sicher und hat mit dem in Wales aufgewachsenen italienischen Nationalspieler Stephen Varnay (23) einen weiteren Gedrängehalb geholt. Dass Eric Marks unter diesen Umständen einen Stammplatz erobert hat, ist aller Ehren wert.
Der 32-fache deutsche Nationalstürmer steht kurz vor dem Abschluss seines Fernstudiums im Bauingenieurwesen und möchte in der Europameisterschaft 2025 wieder für Deutschland spielen. Einem anderen Frankreich-Profi aus Deutschland ist dies leider nicht möglich: Julius Nostadt, Stammspieler in der ersten Reihe des Zweitliga-Tabellenvierten Provence Rugby, hat sich im Spiel gegen seinen ehemaligen Klub U.S. Colomiers einen Bänderriss in der Schulter zugezogen und musste operiert werden.