Ein Sarazene spielt für Deutschland

Von Matthias Hase

Nationaltrainer Kobus Potgieter hat mit seiner Nominierung des deutschen Teamkaders für das letzte Europameisterschaftsspiel am 26. April 2014 um 15 Uhr in Enköping gegen Schweden für einen Paukenschlag gesorgt. In der entscheidenden Partie um den Aufstieg feiert Justin Melck (31, 188 Zentimeter, 106 Kilogramm) sein Debüt im DRV-Trikot. Melck ist ein Rugby-Hochkaräter. Aktuell spielt der Deutsch-Südafrikaner für den Saracens FC in der englischen Premier League auf. Aber auch seine vorherigen Stationen zeigen, dass der Dritte-Reihe-Stürmer als Profi auf höchstem internationalem Niveau spielt.

Justin Melck besitzt einen deutschen Pass, da seine Mutter aus Deutschland stammt. „Ich war schon oft in Deutschland. Seit meiner Jugend komme ich mit meinen Eltern regelmäßig hierher und besuche meine Cousins und Großeltern. Andererseits reist der deutsche Teil meiner Familie regelmäßig nach Südafrika“, sagte Justin Melck. Diese engen Familienbande sind auch der Grund, warum sich Justin Melck das DRV-Trikot überstreifen möchte. „Langsam nähere ich mich dem Ende einer fantastischen Karriere im professionellen Rugby. Und da ist es schön, dass ich dem Land etwas zurückgeben kann, dem ich und meine Familie sehr nahe stehen”, betonte Melck.

Seine Rugby-Ausbildung erhielt Justin Melck in Südafrika an der Rondebosch Boys High School sowie am Fettes College. Mit Erfolg: Melck wurde in die U21 der Springboks, dem südafrikanischem Nationalteam, berufen. Danach folgten Stationen beim Super-14-Team der Western Stormers sowie bei Western Province im Currie Cup. Danach ging es nach Europa. Seit 2009 bei den Saracens, spielt der Nationalmannschafts-Debütant bereits seine sechste Saison für den Londoner Klub – unterbrochen von einem viermonatigen Engagement beim Heineken Cup-Sieger Munster in Irland. Aktuell führt Melck mit den Saracens die Tabelle der Avia Premiership an. Und im laufenden Heineken Cup steht sein Team im Halbfinale.

Als Melcks Berater Kontakt mit DRV-Nationaltrainer Kobus Potgieter aufnahm, musste dieser nicht zweimal überlegen und nominierte den Profi für die Nationalmannschaft. „Justin ist ein Spieler mit sehr viel Erfahrung. Von ihm können wir alle nur profitieren“, sagt Kobus Potgieter. „Nach dem Rücktritt von Kapitän Alexander Widiker kann er die Lücke im Sturm wunderbar schließen.“ Potgieter sieht in Justin Melck einen Führungsspieler, der besonders die jungen Spieler in Drucksituationen unterstützen kann. Zudem ist der England-Legionär eine echte Alternative in der dritten Reihe, da er dort auf allen drei Positionen spielen kann. „Das gibt uns dort mehr Tiefe und spielerische Variabilität“, betont Potgieter. „Ich bin gespannt, wie Justin sich in unser Spielsystem einfügt“, freut sich der Nationaltrainer über den Einsatz von Melck im DRV-Trikot.

Kobus Potgieter hat folgende 23 Spieler nominiert:
Sean Armstrong, Kehoma Brenner, Anjo Buckman, Samy Füchsel, Pieter Jordaan, Steffen Liebig, Raynor Parkinson, Raphael Pyrasch, Arthur Zeiler (alle Heidelberger RK),
Julius Nostadt (Lyon Olympique),
Mikael Tyumenev (RC Mont-de-Marsan),
Tim Biniak (RK Heusenstamm),
Jannis Läpple, Mark Sztyndera (beide SC Frankfurt 1880),
Justin Melck (Saracens FC London),
Marten Strauch (SC Neuenheim),
Marcus Bender, Alexander Hug (beide TSV Handschuhsheim),
Manuel Wilhelm (RG Heidelberg),
Christopher Howells, Robert May, Carlos Soteras-Merz, Timo Vollenkemper (alle TV Pforzheim).
Delegationsleitung: DRV-Vizepräsident Hans-Joachim Wallenwein (Dossenheim); Mannschaftsarzt: Dr. Andreas Schwarz (Heidelberg); Physiotherapeut: Michael Laier (Heidelberg); Betreuer: Friedrich Bender (Heidelberg).

Deutschlands Nationalteam einen Schritt vor dem Ziel

Starke Leistung beim 76:12-Erfolg über Tschechien in Heidelberg
Von Claus-Peter Bach

Die deutsche Rugby-Nationalmannschaft steht unmittelbar vor dem Aufstieg in die höchste Division der Europameisterschaft. In ihrem vorletzten Spiel in der Division 1B gewann die Fünfzehn von Trainer Frederick Jacobus Potgieter am 6. April 2014 in Heidelberg gegen Tschechien unerwartet deutlich mit 76:12 (26:12) Punkten und baute die Tabellenführung auf 34 Punkte und fünf Zähler Vorsprung auf Moldawien aus. Die starken Männer von der Moldau siegten zeitgleich mit 21:12 in Polen, legten aber nur drei Versuche und verfehlten damit den offensiven Bonuspunkt. Somit können die Deutschen am 26. April in Enköping mit einem Bonuspunkt-Sieg über Schweden aus eigener Kraft Meister werden und aufsteigen, denn im direkten Vergleich mit Moldawien sind sie besser.

Nachdem der Regen pünktlich zum Anpfiff des exzellenten rumänischen Schiedsrichters Radu Petrescu aufgehört und 2867 Zuschauer das Kassenzelt passiert und die beste Heidelberger Länderspiel-Kulisse seit dem Frankreich-Match 1970 (3:18 im Uni-Stadion) gebildet hatten, machten die neuerdings von dem Polen Tomasz Putra betreuten Tschechen sofort deutlich, dass sie nicht gewillt waren, sich von den druckvoll spielenden Deutschen überrennen zu lassen. Putra hatte 2009 in Brüssel die Europa-Auswahl (mit dem Deutschen Robert Mohr) betreut, die zum 75-jährigen Bestehen des Europäischen Rugby-Verbandes (FIRA-A.E.R.) gegen die Barbarians Français gespielt hat. Mit einem gekonnten Schiebeangriff ihrer massiven Stürmer, mit ihrer Spezialität also, gingen die Tschechen durch Martin Havlicek sogar mit 0:5 (5.) in Führung und wiederholten diesen Spielzug später zum 14:12 (30.) durch Patrik Leroch.

Die deutsche Mannschaft, hervorragend eingestellt durch Potgieter und den mitspielenden Co-Trainer Pieter Jordaan, ließ sich davon aber nicht von ihrem Spielkonzept abbringen und präsentierte durch die Playmaker Sean Armstrong und Raynor Parkinson, der im Laufe des Spiels acht der zwölf Erhöhungen verwandelte und zwei Mal den Pfosten traf (16 Punkte), ein verwirrendes Angriffsspiel, das in jedem Moment auf die gegnerische Mallinie ausgerichtet und so wuchtig vorgetragen war, dass Versuche gelingen musste.

Der offensive Bonuspunkt war Pflicht, um die Chance auf den Aufstieg zu erhalten. Dieser Extrazähler war nach dem vierten Versuch in der 34. Minute und mit dem 26:12-Pausenstand eingesammelt, doch dass die deutsche Mannschaft am Ende zwölf Mal den Ball im tschechischen Malfeld abgelegt hatte, hatten selbst die unerschütterlichsten Optimisten nicht zu hoffen gewagt.

Die zweite Spielhälfte, in der die deutschen Spieler völlig befreit aufspielten und die physisch immer mehr zusammenbrechenden Tschechen überhaupt nicht mehr zum Zuge kommen ließen, war ein wunderbares Geschenk für die treuen Fans, die seit Jahren zu ihrem Team halten. Insgesamt erzielte die Fünfzehn des Deutschen Rugby-Verbandes (DRV) zwölf Versuche durch Timo Vollenkemper (3), Steffen Liebig (2), die beiden starken Debütanten Tim Biniak (2) und Robert Hittel (2), Anjo Buckman, Marten Strauch und Mark Stzyndera. Der Heusenstammer Biniak und HTV-Stürmer Hittel sind der Beweis dafür, dass man nicht unbedingt beim Heidelberger Ruderklub, der zehn Spieler stellte, spielen muss, um Nationalspieler zu werden; man muss nur genauso fleißig trainieren.

Die „Freunde der deutschen Rugby-Nationalmannschaft“ haben die Länderspiel-Veranstaltung in vielfältiger Weise unterstützt. Zahlreiche Mitglieder des Vereins waren für die Versorgung der Zuschauer mit Speisen und Getränken zuständig. Der Gesamterlös des Verkaufs kommt dem Nationalteam zugute. Außerdem haben die „Freunde“ die Flugkosten für Mikael Tyumenev getragen.

Deutschland: Pieter Jordaan (Heidelberger RK, 68. Raphael Pyrasch/HRK) – Tim Biniak (RK Heusenstamm), Steffen Liebig (HRK, 70. Carlos Soteras-Merz/TV Pforzheim), Anjo Buckman (HRK, 57. Mark Sztyndera/SC Frankfurt 1880), Marten Strauch (SC Neuenheim) – Raynor Parkinson (HRK), Sean Armstrong (HRK) – Alexander Hug (TSV Handschuhsheim), Timo Vollenkemper (TV Pforzheim), Kehoma Brenner (HRK, 49. Robert Hittel/Heidelberger TV) – Robert May (TV Pforzheim), Manuel Wilhelm (RG Heidelberg, 57. Jannis Läpple/SC Frankfurt 1880) – Samy Füchsel (HRK, 63. Christopher Howells/TV Pforzheim), Alexander Widiker (Kapitän/HRK, 68. Mikael Tyumenev/RC Mont-de-Marsan), Arthur Zeiler (HRK, 70. Marcus Bender/TSV Handschuhsheim).

Tschechien: Petr Cizek – Jan Kolar (76. Jan Kefurt), Ivane Sulamanidze (56. Milan Jirman), Ales Stejskal, Michal Jirman (43. Jan Rohlik) – Vaclav Jursik (65. Jiri Lacina), Vakhtang Pailodze – Vojtech Havel, Martin Loutocky, Petrik Leroch (52. Jiri Frank) – Robert Voves (Kapitän), Radim Backa (76. Zbynek Sroubek) – Martin Havlicek (46. Jan Benda), Vojtech Mara, Lukas Machacek (62. Jiri Skall).

Schiedsrichter: Radu Petrescu (Rumänien); Seitenrichter: Tony Raduta und Viorel Diaconescu (Rumänien); Nummer 4: Florian Forstmeyer (Heidelberg); Nummer 5: Georg Straube (Heidelberg);
Zuschauer: 2867;
Punkte: 0:5 (5.) Versuch Havlicek; 7:5 (10.) Versuch Buckman + Erhöhung Parkinson; 14:5 (23.) Versuch Biniak + Erhöhung Parkinson; 14.12 (30.) Versuch Leroch + Erhöhung Steijskal; 21:12 (33.) Versuch Strauch + Erhöhung Parkinson; 26:12 (34.) Versuch Vollenkemper; 31:12 (41.) Versuch Biniak; 38:12 (52.) Versuch Liebig + Erhöhung Parkinson; 45:12 (55.) Versuch Hittel + Erhöhung Parkinson; 50:12 (57.) Versuch Liebig; 55:12 (65.) Versuch Sztyndera; 62:12 (67.) Versuch Hittel + Erhöhung Parkinson; 69:12 (77.) Versuch Vollenkemper + Erhöhung Parkinson; 76:12 (80.) Versuch Vollenkemper + Erhöhung Parkinson;
Zeitstrafe: -/Sulamanidze (23./Hochhalten).

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